Erste leise Schritte

Hier können Sie sich mit anderen Familien austauschen
Antworten
Sonja Keßler
Beiträge: 5
Registriert: 9. Mär 2008, 11:04

Erste leise Schritte

Beitrag von Sonja Keßler » 9. Mär 2008, 11:25

Bin seit 2003 diagnostiziert und Mitglied. Seit gestern schaue ich mir dieses Forum an und stöbere. Es fiel mir auf, dass hier sehr sachlich und fundiert Ratschläge erteilt werden, was natürlich das Hauptanliegen aller ist. Doch frage ich mich, ob der Mensch hinter der Krankheit hier auch zu Wort kommen soll und vor allem darf?? Wirkt dies vielleicht zu unprofessionell, denn Laberchannels gibt es schließlich genug!?! Deswegen habe ich mich auch bewusst in diesem Teil des Forums angesiedelt.
Bin gespannt ob und welches Echo ich bekomme.

SONJA

Beate
Beiträge: 11
Registriert: 4. Feb 2008, 22:03

Beitrag von Beate » 9. Mär 2008, 14:38

Hallo Sonja,
dies ist ein Selbsthilfe-Forum für Betroffene, Angehörige und medizinisch Interessierte. Wir betreiben diese Seite in unserer Freizeit und sie dient ausschließlich nicht-kommerziellen Zwecken.
Wir möchten eine Plattform bieten, wo ihr eure Erfahrungen austauschen und euer Wissen über diese noch zu wenig bekannte Erkrankung vermehren könnt. Genetik, Diagnostik, Therapie, Schwerbehinderung, der Umgang mit der Erkrankung - es gibt viele offene Fragen und dieses Forum bietet die Möglichkeit, eigene Erfahrungen weiter zu geben bzw. von Erfahrungen anderer Betroffener zu profitieren.
Um unser Forum vor Missbrauch zu schützen, werden kommerzielle und sachfremde Beiträge vom Moderator gelöscht.
Wir sind sicher, dass dies im Sinne aller Betroffenen ist.

Herzliche Grüße
Beate
Morbus Wilson e.V.

Sonja Keßler
Beiträge: 5
Registriert: 9. Mär 2008, 11:04

Beitrag von Sonja Keßler » 10. Mär 2008, 15:25

Hallo Beate,
es tut mir leid wenn ich den Eindruck vermittelt habe Lamadecken oder Magnetarmbänder an die Frau/den Mann bringen zu wollen, denn dies war nie meine Absicht. Wenn ich jedoch das Forum durchforste, dann stelle ich fest, dass es ziemlich wenig "menschelt". Bei der Diagnosefindung und späterer weiterer Abklärung all der Facetten die diese Krankheit beinhaltet, wurde ich zB. dezimiert auf meine Leber (bitte am Tresen abgeben, nach umgehender Inspektion stellen wir selbige wieder zu). Ich kam mir vor wie ein PKW in der Werkstatt- Klappern vorne rechts- Schrauben angezogen, Tropfen Öl und langsam Fahren. Ich weiß nicht ob sie diesen Bildern folgen können, aber anfangs geht nichts über Informationen, auch ich war heilfroh über das Internet und natürlich dem Verein und all den Mitteilungsblättern die mir Fr. Rost zusandte. Doch kommt irgendwann der Alltag wo man beginnt alles aufzuarbeiten und dann ist dass was man braucht etwas anderes. Wer, wenn nicht Leidensgenossen,eignet sich da besser zum Austausch über Zwischenmenschliches? SONJA

Beate
Beiträge: 11
Registriert: 4. Feb 2008, 22:03

Beitrag von Beate » 10. Mär 2008, 17:30

Hallo Sonja,
meine Hinweise zu unserem Forum waren nicht auf dich bezogen, sondern dein Beitrag gab uns den Anstoß, ALLE Forumsbesucher auf den Sinn und Zweck des Forums hinzuweisen, unsere Vorstellungen zu vermitteln. Natürlich soll der Mensch im Vordergrund stehen. Inwiefern das Forum die Basis für den Austausch zwischenmenschlicher Probleme bieten kann, haben alle Forumsbesucher mit ihren Beiträgen selbst in der Hand.
Warten wir ab, wie das neue Forum angenommen wird, es wird sicher noch ein wenig Anlaufzeit benötigen.
Beate

Gesine
Beiträge: 3
Registriert: 30. Jan 2008, 17:05
Wohnort: Berlin

Dann lass ihn doch einfach sehen, den Mensch dahinter!

Beitrag von Gesine » 4. Apr 2008, 09:54

Hallo Sonja,

ich verstehe deine Unsicherheit in Bezug auf die Art der Themen, die hier im Forum besprochen werden und wie sie angefasst werden. Als Hauptursache dafür sehe ich schlichtweg die Neuheit des Forums: hier sind einfach bisher viel zu wenig Beiträge verfasst worden. Ich glaube, viele haben noch etwas Berührungsangst oder sind unsicher, wie es geht. Wenn man dagegen mal schaut, wie viele die Einträge gelesen haben, sind das schon ne Menge..., nur zum Schreiben reicht es eben noch nicht. Und nebenbei bemerkt: im alten Forum kam meiner Meinung nach eine Menge Zwischenmenschliches durch.

Mach doch einfach mal den Anfang hier mit der Menschlichkeit, den Gefühlen, die angesprochen werden sollen (hast du ja im Prinzip schon)! Auch die sind hier m.E. genau richtig. Klar soll das Forum zum Austausch der Erfahrungen genutzt werden dürfen.

Ich selber habe diese Reduzierung nur auf das Organ, die du beschreibst, eigentlich nie erfahren. Fand mich immer auch als Ganzes, als Mensch, betrachtet. Und bin froh über die gute Behandlung. Und im Verein, d.h. bei den regelmäßigen Treffen, habe ich super viel Gelegenheit zum Austausch gefunden. Sicher muss man anfangs eine Scheu überwinden, aber im Endeffekt sind alle da zum Reden und Austauschen. Kann ich wirklich empfehlen, falls du nicht schon "im Club" bist!

Viele Grüße
Gesine

Sonja Keßler
Beiträge: 5
Registriert: 9. Mär 2008, 11:04

Beitrag von Sonja Keßler » 5. Apr 2008, 16:29

Hallo Gesine,
es hat mich erstaunt wie viele diese Seite anschauen und ich denke ich lasse den Menschen mal raus, gespannt was dann passiert. Vor fast genau 5 Jahren und nach 21 Jahren Odysee stellte man die Diagnose bei mir. Es war ein Zufallsbefund bei der Bewerbungsuntersuchung, welche mir gleich die Bemerkung einbrachte, Werte wie ein Fixer zu haben und einen tiefen Blick des Mannes der mich seit der Geburt kannte. Dann wurde ich herumgereicht und niemand konnte sich einen Reim darauf machen, zuckende Schultern waren alles. Mein Dienstherr in der Ausbildung zur KRANKENSCHWESTER machte mich links um Ansteckungsgefahr auszuschließen, meine Hausärztin schrie mich an, ich soll ihr endlich sagen was ich mache, das wäre nicht normal. Sogar der Darm wurde gespiegelt aber auf der Überweisung stand klipp und klar ich bilde mir alles ein. Mein nächster Arbeitgeber bat um Abklärung, die ich nicht bieten konnte da auch hier niemand der Sache auf die Spur kam. Als ich dann die Kinder bekam und zu Hause blieb wanderte der Pokal zu meinem Hausarzt der die Werte zwar kontrollierte wenn ich in unregelmäßigen Abständen kam aber irgendwann meinte er, meine Leber tickt einfach anders und stellte die Blutabnahmen ein. Ging lange Zeit gut bis ich merkte das etwas nicht mehr stimmte. Der Vorgesetzte meines Mannes packte einen Internisten und ehemaligen Azubi bei der Ehre und es wurde geforscht. Tja, seither weiß ich was es ist, ich war in Heidelberg und werde mit Zink therapiert. Soweit so gut und jetzt kommt der Mensch. Ich war heilfroh endlich zu wissen was es ist, gegen was ich vorgehen muss und doch brauchte ich 2 Jahre bis diese Erkenntnis im Kopf ankam. Auch jetzt ist es noch so, dass ich diesen Teil meiner Person nicht akzeptiere oder nur toleriere. Ich musste in meinem Leben schon viele Hürden nehmen und damit meine ich nicht die Gesundheitlichen, diese waren ein Teil von mir, ich kannte es nicht anders. Es gab immer Kämpfe und ich stellte mich den Herausforderungen um meinen Weg zu gehen. Diese Krankheit verlangte Warten, Aushalten und dann zu akzeptieren ohne Alternative. Da dies nicht unbedingt meiner bisherigen Lebensweise entsprach, finde ich keinen Zugang zu "Mister Wilson", er hat mich mir fremd werden lassen. An dieser Stelle verharre ich nun und natürlich kann ich sagen: "Alles ist gut, ich habe es im Griff, vielen geht es schlechter." Aber es klingt hohl...
War, glaube ich, genug Mensch für heute. Wobei es durchaus gut tut, solch ein Seelen-Striptease.
Bin gespannt wer sich traut mit mir zu menscheln, denn auch Anonymität hat Vorzüge.
SONJA

Gitte
Beiträge: 65
Registriert: 18. Feb 2008, 13:22

Beitrag von Gitte » 7. Apr 2008, 16:26

Hallo Sonja,

Vor fast genau 5 Jahren und nach 21 Jahren Odyssee
Nach 21 Jahren Odyssee: Genau, so ähnlich war es bei mir auch.
Da wird in Abhandlungen zu M. Wilson immer behauptet, dass es vielleicht "nur" 3, 5 oder 8 Jahre dauere, bis M. Wilson diagnostiziert wird vom Beginn der ersten Symptome an und ich fragte mich bisher, war ich dann die große Ausnahme, denn bei mir dauerte es, wenn ich von dem Beginn meiner Schlafstörungen ausging, ca. 27 Jahre, wenn ich vom Beginn des Zitterns ausging, noch 16 Jahre bis M. Wilson gefunden wurde.
Ja, ich denke, dass es denjenigen, die solche Zahlenangaben machen, gar nicht bekannt ist, wie lange es tatsächlich dauert, bis die Ärzte endlich mal jemanden auf M. Wilson untersuchen. Und die hohe Dunkelziffer, die man auf 2 Drittel schätzt, zeigt, dass ein Wilson-Betroffener überhaupt "von Glück reden" muss, wenn er je seine wirkliche Diagnose erfährt.
Wie gut wäre es einem gegangen, wenn man wirklich schon nach 3, 5 oder 8 Jahren seine Diagnose bekommen hätte und es nicht mehr als 15 Jahre gedauert hätte!
Es ist nämlich, wie Du richtig schreibst, eine Odyssee und in der Zeit, wo man nicht weiß, was mit einem los ist, ist es ein Leben mit wenig Lebensqualität.
Vom Umfeld, d. h. der Familie, dem Freundeskreis, den Vorgesetzten wird erwartet, dass man "funktioniert" und wenn man merkt, dass man immer weniger funktioniert und man dies seinem Umfeld nicht erklären kann, ist dies sehr frustrierend und deprimierend. Dass dabei so manche Beziehung kaputt geht, dass man immer mehr von Freunden gemieden wird, ist nur eine von vielen negativen Auswirkungen der jahrelangen Odyssee.
Und auch wenn man mal die Diagnose hat, begegnet man immer wieder Ärzten, die alles in Frage stellen. Ärzte, die meinen, mit M. Wilson ist man so schwer krank, dass man so gut wie ein Pflegefall ist und wenn man dies nicht ist, kann man M. Wilson nicht haben. Man wird dann noch "belächelt" und hat den Eindruck, dass diese Ärzte glauben, dass man mit M. Wilson gar eine "Gefälligkeitsdiagnose" bekommen hat.

Ja, es hätte vieles anders sein können, wenn diese Krankheit bei den Ärzten bekannt wäre und Betroffene frühzeitig auf diese Krankheit untersucht würden.

Sogar der Darm wurde gespiegelt aber auf der Überweisung stand klipp und klar ich bilde mir alles ein.
Ja, auch diese Erfahrungen habe ich in ähnlicher Form gemacht. Man wird nicht ernst genommen mit den Symptomen, die diese Krankheit verursacht. Schnell steht man in der "hypochondrischen Ecke" und wird von den Ärzten belächelt.
Leider lernen die Ärzte in ihrem Studium zu viel über Psychosomatik und so ist alles, was sie nicht gleich erklären können, entweder psychosomatischer oder hypochondrischer Ursache. Ich bin mir sicher, dass die Fälle der Dunkelziffer, also die 2 Drittel noch nicht diagnostizierter Fälle in der Schublade "Psychosomatischer Fall" bei den einzelnen Ärzten zu finden sind oder evtl. noch in der Schublade "Verdacht auf Alkoholmißbrauch" (auch in diese Schublade wollte man mich vor meiner Diagnose mal stecken).


Gitte

Sani05
Beiträge: 5
Registriert: 22. Feb 2008, 19:03

Beitrag von Sani05 » 16. Apr 2008, 20:16

Hallo,
bei mir (30) wurde M.Wilson Anfang 2005 dignostiziert. Leider hat mir das nichts mehr genützt. Meine Leber war total zertstört und nur eine Lebertransplantation konnte mein Leben retten. Seit März 2005 bin ich erfolgreich transplantiert und führe ein einigermaßen glückliches Leben, wenn man es so sagen kann. Bin jetzt am aufarbeiten, was da eigentlich mit mir passiert ist.
Bis Anfang 20 war bei mir alles unauffällig, dachte ich zumindest. Damals hatte ich ständiges Händezittern, welches auf hohen Blutdruck geschoben wurde. Hatte hin und wieder Sprachstörungen, die aber weiter nicht schlimm waren. Dann sind den Ärzten immer wieder meine erhöhten Leberwerte aufgefallen. Weiterhin ist eine Fettleber diagnostiziert worden. Aber es hieß immer nur, wir beobachten das. Dann ist während meiner Schwangerschaft (2003) eigentlich alles aus dem Lot geraten. Leberwerte sind total angestiegen. Somit ab zum Facharzt. Der stellte wie immer die tollen Fragen, Alkohol, Drogen usw. Man fühlte sich echt nicht für voll genommen. Die Ärzte denke ich haben mir nie geglaubt, daß ich nie irgendwelchen Alkohol bzw Drogen zu mir genommen habe. Typische Krankheiten, die eine Leberschädigung hervorrufen, hatte er ausgeschlossen. Zur Fettleber sagte der nur lapidar, na ja etwas moppelig ist sie, daher kommt das. Nun darf man nicht vergessen, ich war nie wirklich dick, mein Gewicht war immer normal. Das man in der Schwangerschaft nicht mehr Modelmaße hat, war dem ja egal. Bei weiteren Blutkontrollen waren die Werte immer gleichbleibend schlecht. Anfang 2005 merkte ich dann, daß was nicht mit mir stimmte. Mein Bauch wurde immer dicker, dachte echt schon ich bin wieder schwanger. Das konnte aber zu 100% nicht sein. Meine Frauenärztin sagte mir, ich sollte mehr Sport treiben und an die Bauchmassen geht doch kein Chirurg dran. Und sie lachte mit ihrer Arzthelferin. Ich wusste echt nicht mehr weiter. Mit mir stimmte was nicht, hatte totale Schmerzen und keiner konnte mir scheinbar helfen. Wieder zur Hausärztin, die sich nun endlich bequemte nen Ultraschall zu machen. Die wurde ganz ruhig, sagte nur, hier stimmt gar nichts mehr. Ich kam noch am selben Tag ins Krankenhaus. Da kam die Diagnose Leberzirrhose und ca. 8l Aszites im Bauch. Nach zig Befragungen, Blutentnahmen, div. Untersuchungen und ner Leberbiopsie hatte man mir die beiden wahrscheinlichsten Diagnosen gegeben. Entweder Morbus Wilson oder eine Autoimmungeschichte. M.Wilson wurde dann auf Grund der Biopsie bestätigt. Das war ja nun mal geklärt, ich dachte irgendwie an gar nichts mehr. Dann kam der nächste Schock, es war die Woche vor Ostern, sie müssen mich in den nächsten Tagen transplantieren. Mein Leben war zu diesem Zeitpunkt echt am Ende.
Ich finde es echt schlimm, daß es soweit hat kommen müssen. Ich denke oft, was wäre gewesen, hätte man es viel früher erkannt. Nun bin ich transplantiert. Morbus Wilson ist für mich jetzt keine Gefahr mehr. Ich habe ne neue Gefahr. Wird das Organ abgestoßen? Wie lange hält es und wie lange kann ich mit leben? Diese Fragen quälen einen sehr oft, daß man manchmal echt aufgeben will. Nur halte ich mir immer vor Augen, du hast nen Mann und ne kleine Tochter. Beide brauchen dich und ich brauche sie auch.
Was mir in den letzten drei Jahren aufgefallen ist, die Ärzte haben irgendwie alle schon mal was von M. Wilson gehört, nur erkennen können es die wenigsten.
Ich befinde mich seit kurzem in psychologischer Behandlung, ich hoffe, ich bekomme mein Leben wieder in den Griff.

Gitte
Beiträge: 65
Registriert: 18. Feb 2008, 13:22

Beitrag von Gitte » 17. Apr 2008, 08:50

Hallo Sani05,

danke für Deinen Bericht. Ja, leider hört man zu wenig von den Leidenswegen, die viele hier hinter sich haben und solche Berichte können evtl. doch dazu beitragen, dass mehr Aufklärung über diese Krankheit erfolgt.

Ich finde es echt schlimm, daß es soweit hat kommen müssen. Ich denke oft, was wäre gewesen, hätte man es viel früher erkannt.
Du hast sehr viel mitgemacht und da ich manches auch erlebt habe, z. B. ungläubige Ärzte, die bei erhöhten Leberwerten nur denken, dass man Alkholikerin sei, weiß ich , wie Du Dich gefühlt haben musst, wenn man mit bei erhöhten Leberwerten nicht ernst genommen wird. Man hätte in Deinem Fall, wenn die Ärzte gewußt hätten, dass es M. Wilson gibt, Deine Leber retten wahrscheinlich können. Schon das Händezittern hätte ein guter Hausarzt abklären lassen müssen.



Der stellte wie immer die tollen Fragen, Alkohol, Drogen usw. Man fühlte sich echt nicht für voll genommen. Die Ärzte denke ich haben mir nie geglaubt, daß ich nie irgendwelchen Alkohol bzw Drogen zu mir genommen habe. Typische Krankheiten, die eine Leberschädigung hervorrufen, hatte er ausgeschlossen. Zur Fettleber sagte der nur lapidar, na ja etwas moppelig ist sie, daher kommt das.
Ja, diese Ärzte, die so dumm sind, dass sie nicht mal wissen, dass es auch Leberkrankheiten wie M. Wilson gibt, die zu erhöhten Leberwerten führen. Für mein Rechtsempfinden sollte bei Fällen einer Lebertransplantation (aber auch in anderen vergleichbaren Fällen) eine von der Staatsanwaltschaft beauftragte Kommision prüfen, welchen Ärzten denn in der Vorzeit der Transplantation Versäumnisse vorzuwerfen sind. Wenn es so etwas gäbe, würden sich sicher die meisten Ärzte mehr Mühe geben und dem Patienten auch mal glauben, wenn er sagt, dass er nicht trinkt. Denn im Grunde hat man bei Dir wie bei mir einfach unterstellt, dass wir lügen und so etwas führt im Falle von M. Wilson zu einer fortgesetzten Körperverletzung. Und ich habe dies in anderen Fällen auch öfters gehört, dass Ärzte bei erhöhten Leberwerten diese nicht aufklären, sondern Alkholmißbrauch einfach unterstellen. Man "versaut" einem Patienten sein Leben, wenn man so leichtfertig als Arzt vorgeht.

Ja, wenn ich gesünder wäre, würde ich in die Politik gehen und versuchen, dass Patienten mehr Rechte bekommen und Versäumnisse geahndet werden.

Aber schön ist für Dich, wenn Du sagen kannst, Du führst ein einigermaßen glückliches Leben und schön ist auch, dass Dein Mann zu Dir gehalten hat, d. h. bei Deinen Beschwerden, die Du hattest, nicht auch noch geglaubt hat, Du simulierst.

Bei mir war es nämlich so, dass ich zu Ärzten ging, denen sind meine Leberwerte schon aufgefallen, doch sie taten nichts, Hepatitis A, B und C, EBV-Wete wurden wiederholt untersucht, als ob es sonst keine Leberkrankheiten gäbe. Es ging mir immer schlechter, man schob dies dann auf die Psyche. Zu Hause hat man mir auch nicht geglaubt, denn wenn ich krank wäre, hätten dies die Ärzte doch festgestellt, bekam ich von allen Seiten zu hören. Das führt dann natürlich zu einer Verbitterung und ich kann keinem verzeihen, der mich "hängen hat lassen" weder den beteiligten Ärzten noch den Menschen in meiner Umgebung, denn es ist einfach ungeheuerlich, wenn einem unterstellt wird, dass man lügt oder simuliert. Solche Menschen sind charakterlos.
Was mir in den letzten drei Jahren aufgefallen ist, die Ärzte haben irgendwie alle schon mal was von M. Wilson gehört, nur erkennen können es die wenigsten.
So ist es. Man könnte, auch als Laie M. Wilson erkennen, doch das würde voraussetzen, dass ein Arzt öfters die relevanten Laborwerte bestimmt. Die Diagnostik eines M. Wilson ist relativ leicht, wenn man weiß, worauf es ankommt und das kann sich ein Arzt in ca. 10 Minuten "anlesen".
Nur die wiederholte Bestimmung von Laborwerten scheitert daran, dass diese Bestimmungen unter das Budget der Ärzte fallen, d. h. mehr als ein oder 2 Laborwerte scheint kein Arzt bei Wilson-Verdacht zu bestimmen und damit kann man kaum einen Wilson-Fall erkennen, denn die Laborwerte schwanken oft sehr.
Das heißt, dass dieses Gesundheitswesen auch wesentlich noch dazu beiträgt, dass M. Wilson übehaupt erkannt wird. Und für die Gesundheitspolitik sind die Politiker zuständig und ich weiß, dass ich keine der an dieser Gesundheitspolitik beteiligten Parteien je wieder wählen werde.

Gitte

Sonja Keßler
Beiträge: 5
Registriert: 9. Mär 2008, 11:04

Es menschelt noch mal

Beitrag von Sonja Keßler » 4. Mai 2008, 19:04

Hallo Gitte und Sani05,
es ist schön zu erfahren, dass man mit seinem Erlebten nicht alleine ist. Es ist nicht minder interessant zu er-lesen wie Andere mit der Situation umgehen. Mir wurde auf alle Fälle bewusst wo ich stehe, wie ich zu MW stehe und auch dass ich mich weiterentwickeln sollte, damit ich mit dieser Sache Frieden schließen kann. Ich für meinen Teil habe die Erfahrung gemacht, dass es mich ausbremst, wenn ich etwas mit mir herumschleppe, es mich wurmt.
Ich weiß nicht ob euch die Sterbephasen von Elisabeth Kübler-Ross etwas sagen, aber während meiner Ausbildung habe ich viel von ihr gelesen. Fakt ist, dass sie damals den Sterbeprozess in 5 Phasen einteilte und jetzt kommt mein Brückenschlag, es geht um das eigene Sterben, den Verlust eines geliebten Menschen und meines Erachtens um schwerwiegende Verluste schlechthin.
1. Nichtwahrhabenwollen
2. Zorn
3. Verhandeln
4. Depression
5. Zustimmung
In den ersten 2 Jahren nach Diagnosestellung verharrte ich in der Vogel-Strauss-Position. Froh zu wissen mit was ich es zu tun hatte, alles mustergültig befolgt aber im Prinzip war es kein Teil von mir, ich habe keinen Ton darüber verloren und wenn jemand danach gefragt hat, war ich kurz angebunden. Dann folgten kurze Phasen des Zorns auf die Heerscharen von Ärzten die im Trüben fischten, zu verhandeln gab es nichts, somit brütete ich vor mich hin, bis jetzt, als ich mit dem Beitrag den Knoten platzen ließ. Mir hat es gut getan, denn die Maschinerie in meinem Kopf fing endlich wieder an aufzuarbeiten, ich stellte fest wo ich stecken geblieben bin, wo ich hin wollte um Ruhe zu finden und bin den Weg gegangen. Mir geht es viel besser als zum Zeitpunkt meines ersten Eintrags.
Natürlich ist das kein Fahrplan zur Problembewältigung, aber vielleicht eine kleine Hilfe um sich bewusst zu werden wo man sich befindet, auch sind die Phasen austauschbar, manch einer ist vielleicht erst depremiert und dann zornig somit also auch kein starres Schema.
SONJA

Sani05
Beiträge: 5
Registriert: 22. Feb 2008, 19:03

Beitrag von Sani05 » 4. Mai 2008, 20:30

Hallo,

ich bin nach meiner Geschichte auch in ein tiefes Loch gefallen. In der Zeit, die ich im Krankenhaus war, habe ich nur den Gedanken gehabt, du musst jetzt stark sein. Du hast ein Kind, daß gerade 1 Jahr ist und ein Mann. Für die beiden musst du stark sein, natürlich auch für mich selbst. Nach der Reha habe ich mein Leben ganz normal weitergelebt. Habe nicht wirklich Gedanken an die Zeit verschwendet. Ich habe mit keinem über meine Albträume geredet. Hatte mir vorgenommen, du musst dein Leben jetzt !!! nur noch genießen. Aber, das geht nicht wirklich. Nun nach 3 Jahren, habe ich erkannt, daß ich Hilfe brauche. Die Gedanken an die Zeit und an die Zukunft machen einen fertig. Ich lebe zwar, aber es ist nicht übermäßig glücklich. Ich habe nicht gemerkt, daß ich immer weniger Freude empfinden konnte. Ich war und bin noch sehr verschlossen. Ich hoffe, daß ich das wieder in den Griff bekomme. Ich habe eine verdammte Wut auf die Ärzte, die so viel falsch machen konnten.
Ich möchte wieder ein Stückweit Freude am Leben haben. Ich will nicht ständig die Angst haben, wie lange kann ich leben. Ich habe Angst, daß ich an der Situation scheiter, nicht stark genug bin. Deswegen, versuche ich das jetzt alles zu verarbeiten, ich will nicht immer auf der gleichen Stelle stehen bleiben. Ich kann an meinen Zustand der Transplantation nichts mehr ändern, aber ich möchte damit leben können. Meine Albträume, die mich seit dem plagen, sind weniger geworden. Ich bin zwar noch lange nicht drüber hinweg, aber vielleicht schaffe ich es, ein wenig besser damit zu leben. Mein Misstrauen gegenüber Ärzten wird sich aber nicht mehr legen.
Sani05

huriyeyi
Beiträge: 3
Registriert: 4. Apr 2013, 23:36

Beitrag von huriyeyi » 8. Apr 2013, 18:50

Hallo Leute!

Ich bin neu im Forum also stelle ich mich erstmal vor :D
Ich heiße Huriye und bin 16 Jahre alt. MW wurde bei mir gegen Ende der 3. Klasse entdeckt - also 2005 - und seitdem auch behandelt. Ich hatte starken Juckreiz und war bei etlichen Hautärzten die mir dann irgendwelche Cremes verschrieben welche dann nicht geholfen haben. Was erwartet man auch anderes von den Ärzten heute. Meine Mutter hatte die Nase voll und ging zu meinem Hausarzt der mich auch von Geburt an kennt. Er lies alles checken und überwies mich dann an größere Kliniken - nach wenigen Wochen stand das Ergebnis fest: "Ihre Tochter hat eine Lebervergiftung." So hat man es meiner Mutter erklärt. In der nächsten Klinik hieß es:"Ihre Tochter hat Morbus Wilson." Seit dem nehme ich Metalcaptase ein und steige wahrscheinlich bald auf Zink um.
Ich hab das früher als nicht so schlimm empfunden und musste eher meine Mutter trösten als mich.. Ich fühlte mich immer gut wenn der Arzt mich lobte und uns mitteilte wie sich die Kupferwerte verbessern würden. Natürlich fiel mir es schwer auf Schokolade usw zu verzichten aber mit der Zeit hab ich meine Krankheit immer mehr realisiert - was mich aber nicht trauriger machte! Meine Freunde unterstützten mich wo es nur ging (haben selber auf kupferreiche Sachen verzichtet) und tun es immernoch so weit es geht, meine beste Freundin hat sogar noch Tablettenvorräte bei ihr stehen falls ich sie vergesse. Naja, ich habe gehofft in diesem Forum auch auf gleichalte Betroffene zu stoßen aber hab bis jetzt noch niemanden entdeckt..

PS: Ich wünsche allen Betroffenen und deren Familienmitgliedern viel Kraft und Mut ihr Leben zu leben! Nur weil unsere Leber es nicht richtig tut heißt das nicht, dass wir es auch nicht tun! Ihr wisst schon was ich meine :lol: Die letzten Beiträge sind ziemlich lange her ich hoffe jemand meldet sich mal wieder:-)

Gabriele
Beiträge: 121
Registriert: 4. Feb 2008, 17:56
Wohnort: Walldorf

Beitrag von Gabriele » 10. Apr 2013, 13:37

Hallo Huriye,

vielleicht ist es dir nicht aufgefallen, aber du hast dich bei einem Beitrag von Sonja aus dem Jahr 2008 eingetragen, d.h. quasi eine Antwort darauf geschrieben.

Für dein Anliegen wäre es empfehlenswerter, ein neues Thema mit einem entsprechenden Titel zu beginnen, z.B. "Gleichaltrige Wilson-Patienten (ca. 14-25 Jahre) gesucht" und darunter deinen Text nochmal zu schreiben.

Viel Erfolg!

Gabriele

Julchen92
Beiträge: 10
Registriert: 14. Jul 2011, 20:18

Beitrag von Julchen92 » 11. Apr 2013, 13:15

Hallo :)

ich bin 20 Jahre alt und auch schon lange an MorbusWilson erkrankt..Also zumindest etwas "gleichaltrig".. Wenn du Fragen hast oder schreiben willst, kannst du dich gerne melden!

Ganz liebe Grüße

Julia :D

huriyeyi
Beiträge: 3
Registriert: 4. Apr 2013, 23:36

Beitrag von huriyeyi » 11. Apr 2013, 15:10

Gabriele hat geschrieben:
Für dein Anliegen wäre es empfehlenswerter, ein neues Thema mit einem entsprechenden Titel zu beginnen, z.B. "Gleichaltrige Wilson-Patienten (ca. 14-25 Jahre) gesucht" und darunter deinen Text nochmal zu schreiben.
Ich wusste nicht dass ich selbst ein neues Thema öffnen kann :D Danke für den Tipp!:-)

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast