Fehldiagnose in der Klinik?????

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Monika B.
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Fehldiagnose in der Klinik?????

Beitrag von Monika B. » 27. Feb 2014, 22:09

Hallo,
meine 17-jährige Tochter hat seit ca. 2 Monaten einen anfallsartigen Tremor der Extremitäten etwa alle 1 bis 1 1/2 Wochen sowie ebenfalls anfallsartige Spasmen der linken Hand. Dazu hat sie seit dieser Zeit eine verstärkte Müdigkeit und ist oft gereizt.
Sie wurde daher in eine Kinderklinik die auch eine neuropädiatrische Abteilung haben überwiesen. Dort hat man sie stationär aufgenommen zur Abklärung und Ausschluss epileptischer Anfälle sowie des Morbus Wilson. Neben EEG, Ultraschall, Augenarztkonsil wurden natürlich auch Blutentnahmen und 24-Stunden-Sammelurin ohne und mit Medikation durchgeführt. Nach einer Woche war die Aussage der Kinderärztin, dass alles in Ordnung sei und sie wahrscheinlich eine somatoforme Störung habe. Das Serumkupfer sei zwar erhöht, aber im Sammelurin normal, daher könnte man den Morbus Wilson ausschließen. Laut der Klinik soll meine Tochter eine 4-wöchige stationäre psychosomatische Behandlung durchführen um ihre "Tic´s" (die tremorartigen Anfälle) in den Griff zu bekommen.
Da ich über einen Mitarbeiter des Krankenhauses Zugang zu den Laborbefunden bekam habe ich sie mir faxen lassen. Jetzt verstehen wir die Welt nicht mehr: Der Befund des Sammelurins war zum Zeitpunkt der Entlassung noch gar nicht fertig, das freie Kupfer im Serum liegt bei 134 (der obere Normwert ist mit 40 angegeben). Unter dem Wert des freien Kupfers steht der Hinweis, dass es sich möglicherweise um einen Morbus Wilson handelt und eine molekulargenetische Untersuchung angeraten wird!!!!! Warum bekommen wir von den Ärzten erzählt, dass die Untersuchungen ohne Befund sind?????
Die Leberwerte sind im Normbereich und auch ansonsten gibt es bis auf die Kupferwerte keine Besonderheiten, außer ein zu niedriger Vitamin-B12 sowie Folsäure-Spiegel. Beides nimmt sie zur Zeit oral ein.
Kann uns jemand weiterhelfen???? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie doch einen Morbus Wilson hat und wenn ja wie gestaltet sich die Therapie? Wir sind dankbar für jede Antwort!

Sandy
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Beitrag von Sandy » 28. Feb 2014, 11:52

Hallo Monika,

das freie Kupfer wird nach einer Formel errechnet.
Dazu benötigt man den Wert für das Coeruloplasmin und den Wert für das Serumkupfer.
Diese beiden Werte sind sicher in dem Befund auch enthalten.
Wie hoch sind sie und in welcher Einheit sind sie angegeben?
Und wie hoch sind die angegebenen Normwerte für Coeruloplasmin und für das Serum-Kupfer?

Der Normwert von 40 für das freie Kupfer kommt mir ungewöhnlich hoch vor. Daher wäre wichtig, wenn man die Einheiten kennt, d. h. ob die Werte in µg oder in µmol ausgewiesen sind.

Ein erhöhtes freies Kupfer ist schon ein deutlicher Hinweis auf einen evtl. M. Wilson.

Wichtig ist, dass die Blutwerte nicht unter der Einnahme von Zink oder der Antibabypille bestimmt worden sind.
Nimmt Deine Tochter Zink oder die Pille?
Auch sollte zum Zeitpunkt der Blutentnahme kein Infekt oder keine Entzündung vorgelegen haben.

Wichtig wäre auch das Ergebnis des 24h-Urins.
Deine Tochter hat einen Anspruch auf die genauen Werte und kann sie verlangen,bzw. weil sie noch minderjährig ist, kannst Du die Ergebnisse verlangen.
Ich lasse mir immer alle Befunde aushändigen, denn man braucht sie, wenn man zu weiteren Ärzten geht immer wieder und man will doch selbst wissen, woran man ist. Denn Fehler werden auch von Ärzten gemacht, nicht nur vom Rest der Bevölkerung ...

Tic´s können durchaus bei einem M. Wilson vorkommen.
Die Leberwerte müssen beim M. Wilson nicht erhöht sein. Es gibt durchaus Fälle, wo die Leberwerte (noch) normal sind.

Leider ist es so, dass viele Ärzte oder Kliniken sich mit dem M. Wilson nicht wirklich auskennen. Nach dem, was Du schreibst, könnte das hier der Fall sein.

Ich würde zuerst den M. Wilson wirklich gründlich untersuchen lassen. Bei der Höhe des freien Kupfers scheint mir das absolut vorrangig zu sein.

Die Kinderklinik, wo Deine Tochter war, ist in der nachfolgenden Liste wohl nicht enthalten?
Ich würde ggf. eine Ambulanz aus dieser Liste aufsuchen für eine evtl. weitere Diagnostik.

http://www.morbus-wilson.de/index.php?P ... en&Z=1&E=1


Die Laborwerte, auf die es beim M. Wilson ankommt, sollten in Laboren bestimmt werden, die damit Erfahrung haben.
Man sollte die Laborwerte, falls sie nicht gleich bei der 1. Bestimmung eindeutig ausfallen, durchaus öfters bestimmen lassen.
Beim Urinkupfer gibt es zwischen einzelnen Laboren oft grasse Unterschiede in den Werten. Daher ggf. den Sammelurin auch noch bei einem 2. Labor untersuchen lassen.

Wurde der Kayser-Fleischer-Ring im Auge durch einen erfahrenen Augenarzt schon ausgeschlossen? Sollte sie diesen Ring haben, so wäre das so gut wie eine Díagnose. Aber es gibt auch Patienten, die ihn nicht haben und der Ring ist eher ein Symptom des Endstadiums.

Der Gentest wäre eine Möglichkeit zu einer weiteren Diagnostik. Er ist aber auch noch nicht 100 % sicher, weil es immer noch unerkannte Mutationen zu geben scheint. Jedoch wenn man 2 Mutationen für den M. Wilson im Gentest findet, dann ist die Diagnose damit gesichert.

Ggf. wäre noch die Leberbiopsie eine Möglichkeit mit der Messung des Kupfers in der Leber.
Aber da dies ein Eingriff ist, sollte man das erst dann machen, wenn es keine andere Möglichkeit zur Klärung gibt.

Sinnvoll ist bei neurologischem M. Wilson ein MRT des Gehirns. Das sollte man aber einem Neurologen, der sich mit M. Wilson gut auskennt zeigen (siehe Ärzteliste oben). Die Radiologen, die das MRT machen, kennen oft nicht die typischen Veränderungen, die ein M. Wilson im Gehirn macht.


Die Therapie legt der Arzt fest. Es gibt Chelatbildner wie das Penicillamin oder das Trientine und es gibt die Zinktherapie.
Welche nun bei Deiner Tochter in Frage kommt, muss ein Arzt entscheiden.
Oft wird zu Beginn bis zur Entkupferung ein Chelatbildner eingesetzt. Bei gutem Ansprechen und guter Verträglichkeit erfolgt dann meist auch kein Wechsel.
Manchmal wird nach der Entkupferung aber auch auf eine reine Zinktherapie umgestellt.

Da alle diese Mittel die Diagnostik beeinflussen, darf man sie erst nehmen, wenn die Diagnose feststeht.


Hinweisen möchte ich noch, dass es schon oft vorgekommen ist, dass Patienten, die einen unerkannten M. Wilson haben, in der Psychiatrie gelandet sind, bevor dann -oft durch Zufall- der M. Wilson diagnostiert wurde. Daran dachte ich, als ich gelesen habe, dass man Deiner Tochter eine psychosomatische Behandlung empfohlen hat.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Tremor, wie Du ihn beschreibst, rein psychosomatisch ist, wenn gleichzeitig das freie Kupfer so hoch ist.


Wenn das B12 und die Folsäure vermindert sind, können auch daraus neurologische Beschwerden resultieren. Ich würde beobachten, ob sich unter der Einnahme von B12 und Folsäure einzelne Beschwerden bessern.
Nach einer gewissen Zeit sollte man aber prüfen, ob sich das B12 und die Folsäure im Blut erhöht haben.
Es gibt Störungen im Magen, bei denen man kein B12 aufnehmen kann. Dies ist der Fall, wenn der sog. Intrinsic-Faktor fehlt. In diesen Fällen muss B12 dann lebenslang gespritzt werden.


LG
Sandy

Monika B.
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Beitrag von Monika B. » 28. Feb 2014, 17:24

Hallo Sandy,
vielen lieben Dank für Deine ausführliche Info.
Du scheinst schon sehr viel erlebt zu haben in Bezug auf den M. Wilson.

Zu den Werten im Serum:
Coeruloplasmin 52,6 mg/dl Normwert: 20-60mg/dl
Kupfer 293 µg/dl Normwert: 64-117 µg/dl
Freies Kupfer 127,5 µg/dl Normwert: <40 µg/dl
(berechnet)

Die Werte im 24-Stunden-Sammelurin:

Ohne Medikamente
Kupfer i. Urin 10 µg/l Normwert: 2-80 µg/l
Kupfer i. Urin 5 µg/l Normwert: 3-50 µg/l
(Ausscheidung)

Mit Medikation:
Kupfer i. Urin 284 µg/l Normwerte wie oben
Kupfer i. Urin 128 µg/l
(Ausscheidung)

Coeruloplasmin wurde im 24-Stunden-Sammelurin nicht bestimmt.

Auf den Befunden wurde jeweils angegeben, dass es sich möglicherweise um einen M. Wilson handelt und eine weiterführende Diagnostik angeraten wird.
Dass die Einnahme der Pille den Kupferwert verfälscht steht auch auf dem Befund drauf. Meine Tochter nimmt zwar die Pille, aber dadurch verändern sich ja mit Sicherheit nicht alle Kupferwerte?

Ich werde dann mal in Deiner Liste nachschauen welcher Arzt bei uns in der Nähe ist.
Das Klinikum Aachen steht wie zu erwarten nicht auf der Liste. Eine der Krankenschwestern auf der Kinderstation meinte zu mir, sie würde schon seit 30 Jahren dort arbeiten und bisher hätten sie noch nie einen positiven M. Wilson gehabt! Kein Wunder, wenn die dort so mit verdächtigen Werten umgehen.

Vielen Dank schon mal und liebe Grüße
Monika

Sandy
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Beitrag von Sandy » 28. Feb 2014, 18:00

Hallo Monika,

schon als ich den Wert des Coeruloplasmins von 52,6 las, wußte ich, dass Deine Tochter die Pille nimmt. Denn so hoch ist das Coeruloplasmin meines Wissens oft nur unter der Pille.
Aber auch bei Infekten kann es ansteigen.

Unter der Pilleneinnahme kann man keine Diagnostik auf den M. Wilson machen. Die Werte verändern sich allesamt.
Das Coeruloplasmin steigt enorm an und das Serumkupfer auch. Das dann errechnete Freie Kupfer ist m. E. nicht zu gebrauchen.

Wie sich das Urinkupfer unter der Pille verhält, weiß ich nicht sicher. Aber ich denke, dass auch das sich durch die Pille verändert.

D. h. wenn Ihr die Diagnostik auf den M. Wilson wirklich richtig machen wollt, dann geht das nur nach vorherigem Absetzen der Pille.



Beim M. Wilson hat man ein Coeruloplasmin, das meist unter 20 mg/dl liegt. Das Kupfer im Serum ist meist unterhalb des Normwerts.
Natürlich gibt es davon auch Ausnahmen.

Aber Deine Tochter ist mit dem Coeruloplasmin von über 50 weit von dem wilsontypischen Coeruloplasminwert entfernt. Ebenso ist es mit dem sehr hohen Serumkupferwert.

Ich kann auch nicht sagen, wie die Werte ohne die Pilleneinnahme abfallen werden. Ich glaube auch nicht, dass es dafür verlässliche Erfahrungswerte gibt.


Du hast Werte vom 24h-Sammelurin genannt.
Nicht erkennbar ist, der Wert der sich auf 24h ergibt. Dieser wäre mit der Einheit µg/24h oder µg/d angegeben.
Der 24h-Wert wird aus dem Wert pro Liter multipliziert mit der Sammelmenge in diesen 24h errechnet.


Was ich nicht ganz verstehe, ist, dass Du 2 Werte nennst.
Ohne Medikamente den Wert von 10 und den Wert von 5 µg/l.
Was ist jeweils mit diesen beiden Werten gemeint?

Wurde bei den Werten "mit Medikation" als Medikament Penicillamin (Metalcaptase) gegeben? Und wieviel?

Die Urinkupferausscheidung ohne Medikation ist nicht sooo hoch, d. h. nicht unbedingt verdächtig auf MW, wenn man unterstellt, dass die Sammelmenge in 24h bei rd. 2 Liter + / - liegt und wenn das Labor korrekte Werte ermittelt hat.
Aber beim Urinkupfer gibt es eben auch Labore, die das Urinkupfer nicht korrekt ermitteln, so dass ich Urinkupferwerte immer etwas vorsichtiger betrachten würde.
Außerdem gibt es auch MW-Fälle, wo man über den Penicillamin-Test erst die erhöhte Ausscheidung beweisen kann, d. h. bei diesen Fällen ist das Urinkupfer ohne Penicillamin dann (noch) normal.


Insgesamt werdet Ihr die Diagnostik nicht sinnvoll durchführen können, solange Deine Tochter die Pille nimmt. Ich würde die Pille mind. 2, besser 3 Zyklen aussetzen und dann ggf. die Diagnostik nochmals machen.


LG
Sandy

Monika B.
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Beitrag von Monika B. » 1. Mär 2014, 17:58

Hallo Sandy,

vielen Dank für die Antwort.
Ich denke, wir werden uns aus der Liste die Du mir als Link geschickt hast einen Arzt oder Klinik raus suchen und dort einen Termin machen, damit eine vernünftige Diagnostik gemacht werden kann.

Leider kann ich auch nicht nachwollziehen, was die zwei Werte des Sammelurins zu bedeuten haben. Die Sammelmenge liegt bei 500ml pro 24-Stunden-Sammelurin. Dies ist sehr wenig obwohl meine Tochter eigentlich ca. 1 1/2 Liter Sprudel pro Tag trinkt und zusätzlich noch Milch. Aber die geringe Urinmenge ist laut den Ärzten nicht schlimm, da sie keinen Harnwegsinfekt hat und auch die Nierenfunktion nicht eingeschränkt ist.

Aber wie Du schon sagst - die Labore arbeiten mit unterschiedlichen Standards und es ist auch ein Unterschied ob Analysen von eine zertifizierten Labor durchgeführt werden oder von einem das nicht zertifiziert ist. Ich habe selber mal eine Weile in einem Labor gearbeitet, allerdings hatte ich mit den Analysen selber nichts zu tun, ich habe nur Blut abgenommen und die ganze Administration gemacht.

Auf jeden Fall bin ich jetzt schon mal etwas schlauer geworden. Man steht als Eltern einfach ziemlich hilflos da und muss sich die Informationen zusammensuchen.

Vielen Dank für Deine Hilfe
LG Monika

Monika B.
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Beitrag von Monika B. » 1. Mär 2014, 18:00

Achja - welches Medikament meine Tochter für den zweiten Sammelurin eingenommen hat weiß ich leider nicht - das steht weder im Entlassungsbrief noch auf dem Laborbefund vermerkt.
Zink nimmt sie nicht und zum Zeitpunkt der Blutentnahmen und Urinproben auch sonst keine anderen Medikamente.
LG Monika

Sandy
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Beitrag von Sandy » 1. Mär 2014, 19:20

Hallo Monika,

wenn Du in einem Labor gearbeitet hast, kennst Du einige Probleme der Labordiagnostik bereits.

Wenn die Sammelmenge nur 500 ml war, dann ist der 2. Wert sicher die Menge in 24 Stunden. Die Einheit wäre mit µg/l dann nicht ganz korrekt und müsste mit 5 µg/24h oder 5 µg/d im Befund angegeben sein.

Das wäre aber ein sehr niedriges Urinkupfer.

Hat man Deiner Tochter auch ausreichend gut erklärt, wie ein 24h-Sammelurin zu machen ist?
Hat sie wirklich auch allen Urin in den Behälter gegeben, der innerhalb von 24h angefallen ist? Bei der Sammelmenge von nur 500 ml kann man da schon Zweifel bekommen.

Ganz kurz zum Ablauf eines 24h-Sammelurins:
Am 1. Sammeltag geht man um z. B. 8 Uhr auf die Toilette und gibt den Urin in die Toilette. Von da ab sammelt man jeden Tropfen Urin in den Sammelbehälter.
Am 2. Sammeltag wird der letzte Urin um genau 8 Uhr in den Sammelbehälter gegeben. So hat man exakt 24h gesammelt.

Ich nehme zum Auffangen des Urins immer einen Becher, in den ca. 500 ml Flüssigkeit reingehen. Es gibt solche Becher auf speziell für Sammelurine von den Laboren.

Wichtig ist noch, dass man beim Sammeln keine Glasgefäße verwenden soll, weil das Kupfer da irgendwie anhaften bleiben soll.
Wichtig sei auch, dass man immer einen unbenutzten Sammelbehälter verwendet, d.h. die Sammelbehälter nach jedem Gebrauch wegwerfen.


Ich nehme mal an, dass man Deiner Tochter beim Sammeln mit Medikation Penicillamin gegeben hatte. Aber dieser sog. Penicillamin-Test ist nicht standardisiert und es gibt davon verschiedene Varianten.


LG
Sandy

Monika B.
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Beitrag von Monika B. » 2. Mär 2014, 12:35

Hallo Sandy,

die Krankenschwestern hatten meiner Tochter erklärt wie sie den 24-Stunden-Urin sammeln muss. Allerdings sollte sie den in einer Bettpfanne sammeln und dann jeweils in den Sammelbehälter geben. Bevor sie angefangen hat zu sammeln, habe ich ihr nochmal erklärt wie sie das durchführen muss und habe ihr Plastikbecher mitgebracht die sie dann jeweils weggeworfen hat. Da sie grundsätzlich eine sehr spärliche Urinmenge ausscheidet hat mich die Sammelmenge nicht so sehr verwundert. Laut Aussage der Ärzte ist das wohl bei vielen Patienten der Fall ohne das dies einen Krankheitswert hat.

Ich habe am Dienstag bei unserem Hausarzt einen Termin und werde das weitere Vorgehen mit ihm besprechen. Wir möchten da ganz sicher gehen, dass die entweder den M. Wilson hat und dementsprechend therapiert werden kann oder aber ihn definitiv nicht hat.

Was anderes können wir zur Zeit ja leider nicht tun.

LG Monika

Sandy
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Beitrag von Sandy » 2. Mär 2014, 12:56

Hallo Monika,

mit den Laborwerten, die die Pille verursacht, d. h. erhöhtes Coeruloplasmin und erhöhtes Serum-Kupfer, wird man den M. Wilson nicht diagnostizieren können.
Es gibt keine Dokumentationen, worin man sehen kann, welche Laborwerte unter der Pille als wilsontypisch gelten.

Ich denke, es wird ohne das Absetzen der Pille vermutlich keine vernünftige Diagnostik möglich sein.


Der Gentest kostet über 4000 Euro und wird von der Kasse sicher erst bezahlt, wenn nach den Laborwerten ein dringender Verdacht besteht. Außerdem ist er nicht sicher, weil man noch nicht alle Mutationen kennt. Es wurden allein in den letzten 10 Jahren rd. 300 neue Mutationen gefunden. Nur wenn man 2 der bisher bekannten Mutationen finden würde, ... ich schrieb es bereits.
Und eine Leberbiopsie würde ich erst riskieren, wenn alle anderen Möglichkeiten der Diagnostik ausgeschöpft wurden.

Ich kenne nun den Hausarzt nicht:
Aber mein Hausarzt hat, als er hörte, ich solle M. Wilson haben, erst mal sein med. Wörterbuch genommen und nachgesehen, was das für eine Krankheit sein soll.
Und ich brauchte viele Jahre, bis ich endlich meine Diagnose bekam, weil nicht mal Gastroenterologen viel über die Krankheit wissen.

D. h. erwarte von einem Hausarzt kein Fachwissen zu dieser seltenen Krankheit.

Lese vielleicht noch die Antwort durch, die ich hier geschrieben habe:
http://www.morbus-wilson.de/forum/viewt ... ?p=788#788


Sammeln mit einer Bettpfanne:
Das stelle ich mir umständlich vor.
Außerdem bestehen doch Bettpfannen meist aus Metall, oder?
Dann hätte ich Zweifel, ob das Urin-Kupfer durch das Metall nicht beeinflusst wird.
D. h. ich würde den Sammelurin wiederholen und weder Metallgefäße noch Glasgefäße beim Sammeln verwenden.
Aber wie sich das Urinkupfer unter der Pille verändert, das weiß ich nicht, d. h. ob man das Urinkupfer dann überhaupt verwerten kann.


LG
Sandy

Monika B.
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Beitrag von Monika B. » 2. Mär 2014, 18:32

Hallo Sandy,

das Urinsammeln mit der Bettpfanne fand zum einen meine Tochter schon sehr umständlich, zum anderen habe ich mir auch überlegt, dass das Metall die Kuprferwerte im Urin eventuell verfälschen kann. Daher habe ich ihr die Plastikbecher mitgebracht.

Unser Hausarzt wird den M. Wilson mit Sicherheit nicht kennen, dafür ist die Krankheit zu selten, aber er gehört zu den Ärzten die hinterfragen und gerade bei solchen Verdachtsdiagnosen sehr viel Zeit und Energie investieren um dem Pat. zu helfen.

Da meine Tochter zur Zeit noch ausschließlich neurologische Symptome hat wäre wahrscheinlich ein auf M. Wilson spezialisierter Neurologe die erste Wahl. Das es noch eine ganze Weile dauern wird, bis wir letztendlich eine Diagnose haben davon gehe ich auch aus. Soweit ich gelesen habe, gibt es so viele verschiedene Formen und Symptomenkomplexe bei M.Wilson-Patienten. Ebenso sind Blut- und Urin-Befunde ja wohl nicht bei jedem einheitlich und hängen ja wohl auch von der Dauer der Symptome ab und auch von der Ausprägung. Und - wie Du ja schon gesagt hast - von der Qualität des Labors das die Analysen macht. Daher werden wir wohl noch eine ganze Weile Geduld haben müssen - obwohl es uns das Herz zerreißt wenn unsere Tochter wieder die Tremoranfälle hat oder sie die Spastik in der Hand entwickelt und man kann (vorerst) nichts dagegen tun. Aber bevor wir nichts genaueres wissen können wir nur abwarten - irgendwelche Medikamente geben geht gar nicht! Weder Zink noch sonst was, würde die weitere Diagnostik ja extrem verfälschen. Mit der Pille müssen wir mal abwarten ob es nötig wird sie abzusetzen und wenn ja wie lange bis zur Diagnostik. (Was bei einer 17-jährigen mit festem Freund schon durchaus nicht ganz so einfach ist :) ) Aber wenn´s sein muss........

Du hattest mir ja den Link der Kliniken und Ärzte geschickt - ist es Deiner Erfahrung nach besser einen niedergelassenen Arzt zu konsultieren oder besser eine Klinik? Kennst Du einen auf M.W. spezialisierten Neurologen der auch Jugendliche therapiert? Hier in der Aachener Gegend gibt es wohl niemanden, allerdings würde ich egal wo hin in Deutschland mit meiner Tochter fahren um eine vernünftige Diagnose und Therapie zu erhalten.

LG Monika

Sandy
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Beitrag von Sandy » 2. Mär 2014, 20:23

Hallo Monika,

wenn Ihr im Raum Aachen wohnt, wäre Düsseldorf doch sooo weit nicht, oder?
Ich denke, dass Prof. Hefter in der Uniklinik Düsseldorf ein Neurologe ist, der, weil er viel Erfahrung mit MW hat, bei Deiner Tochter sicher den MW prüfen könnte.
Ich gehe davon aus, dass er auch Jugendliche im Alter von Deiner Tochter bereits untersucht hat.

Aber ich wäre auch für andere neurologische Krankheiten offen und vielleicht würde Prof. Hefter auch sagen können, was es noch sein kann, wenn es der MW nicht wäre.

Viele, die sich auf MW untersuchen lassen, fahren zweigleisig, d. h. gehen in eine interistische MW-Ambulanz wegen der Leber und in eine neurologische wegen der neurologischen Probleme.
Doch ich würde auch zuerst zu einem Neurologen gehen bei der Symptomatik.

LG
Sandy

Monika B.
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Beitrag von Monika B. » 4. Mär 2014, 21:42

Hallo Sandy,
ich war mit meiner Tochter heute zum ersten Mal nach dem Klinikaufenthalt bei unserem Hausarzt. Wie erwartet kannte er den M. Wilson nicht. Aber er hat sich die Befunde genau angeschaut und kam auch zu dem Schluss, dass die Diagnostik noch längst nicht abgeschlossen ist.
Er hat uns an einen Hämatologen und an einen Neurologen verwiesen die sich wohl auf die Diagnostik von so unklaren Krankheitsbildern spezialisiert haben. Sollten wir da nicht weiterkommen wird er uns eine Überweisung für die Uniklinik Düsseldorf geben. Ich habe halt eben auch so meine Zweifel, ob wir in einer Klinik wirklich an der richtigen Stelle landen und würde gerne erst niedergelassene Ärzte aufsuchen.
An die Möglichkeit, dass die neurologischen Symptome auch mit einer ganz anderen Krankheit zusammenhängen könnten habe ich auch schon oft gedacht. Daher ist es mir wichtig, dass der M. Wilson entweder definitiv ausgeschlossen oder diagnostiziert wird. Dass das noch eine ganze Weile dauern wird ist klar.
Mal sehen vielleicht haben wir ja Glück und einer der Ärzte kann uns weiterhelfen.
LG Monika

Sandy
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Beitrag von Sandy » 4. Mär 2014, 22:31

Hallo Monika,

wenn es um M. Wilson geht, musst Du zu Ärzten, die sich damit auskennen und die vor allem so viele Patienten wie nur möglich betreuen, d. h. gesehen haben, welche Symptome, welche Laborwerte bei einzelnen Patienten vorkommen.
Da M. Wilson eine schulmedizinisch anerkannte Krankheit ist, findet man Ärzte, die die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, in aller Regel in (Uni-)-Kliniken.

Wenn niedergelassene Ärzte sich mit M. Wilson mal auskennen, so in der Regel deshalb, weil sie zuvor an einer Uniklinik in einer M. Wilson-Ambulanz tätig waren.

Von Ärzten, die M. Wilson nur aus Vorlesungen in ihrer Studienzeit oder aus dem Lehrbuch kennen, würde ich abraten. Theorie und Praxis sind "2 Paar Schuhe".

Ich war vor meiner Diagnose mind. bei 15 Neurologen wegen meiner neurologischen Beschwerden, davon mehrere Professoren und Ärzte mit gutem Namen. Doch keiner wäre von sich aus auf M. Wilson bei mir gekommen. Als sich dann der Verdacht erhärtete, haben mich diese Neurologen weiter geschickt, d. h. sie sagten, sie kennen sich mit M. Wilson nicht aus. Ich solle in eine Fachambulanz wie Düsseldorf oder Leipzig gehen.
Überhaupt wurde ich wegen M. Wilson wiederholt auch von Gastroenterologen weiter geschickt. Diese Ärzte, auch Leberexperten einer Uniklinik gaben offen zu, von M. Wilson nicht viel zu verstehen.

M. Wilson ist einfach zu selten, als dass man außerhalb von Fachambulanzen viele Kenntnisse dazu erwarten kann.

Aber ich will nicht ausschließen, dass es hier und da in der großen BRD auch noch Ärzte gibt, die den M. Wilson kennen und vielleicht Euch weiter helfen können. Allzu viele werden es aber sicher nicht sein.

Unikliniken haben den Vorteil, dass man dort oft gründlich untersucht wird und nicht auf die Zeit oder das Geld bei Untersuchungen so stark geachtet wird wie bei niedergelassenen Ärzten.

Natürlich ist es Eure Entscheidung, wie Ihr weiter verfahren wollt. Vielleicht habt Ihr ja Glück und findet einen guten Arzt, der Euch weiter hilft.


LG
Sandy

Monika B.
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Beitrag von Monika B. » 10. Mär 2014, 22:15

Hallo Sandy,

vielen Dank für Deine Antwort.
Es ist wirklich sehr schwierig von ärztlicher Seite her Hilfe zu bekommen. Das problematischste ist zur Zeit, dass meine Tochter erst in einem halben Jahr 18 wird. Daher wird sie von fast allen Neurologen in unserer Gegend abgelehnt. Allerdings möchten wir, dass neben der Diagnostik des M. Wilson gleichzeitig parallel auch anderen möglichen neurologischen Erkrankungen in Betracht gezogen werden und diesbezüglich Diagnostik läuft. Das Ganze gestaltet sich allerdings als sehr schwierig.
Wir sind mittlerweile soweit, dass wir doch den Folgetermin in der Kinderpoliklinik in der Aachener Klinik wahrnehmen, dort werde ich den Arzt nochmal explizit auf die Laborergebnisse hinweisen in der Hoffnung dass dort doch jemand mal hellhörig wird.
Wir haben jetzt die letzten Laborwerte bekommen: Vitamin A im Normbereich, Vitamin E erhöht - aber nicht besonders. Was mir allerdings sehr Sorgen macht ist der Homocystein Wert - der liegt bei 29 - der Normwert liegt bei <9!!! Dieser Wert gibt ja das Risiko für Schlaganfall, Arteriosklerose usw. an, laut dem Labor ist das Risiko bei ihr 4,5 fach erhöht gegenüber dem Normwert. Da sie keinen Alkohol trinkt (dies beeinflusst den Wert extrem), nicht raucht und auch sonst keine Gründe vorliegen warum der Wert so hoch ist, rätseln wir natürlich woher diese Erhöhung kommt. Bei meiner Recherche bin ich auf einen Gendefekt gestoßen der in die Eiweßsynthese eingreift. Da der M. Wilson ja auch ein Gendefekt ist liegt meine Vermutung nahe, dass dies eventuell zusammenhängen könnte. Hast Du da irgendwelche Erfahrungen?
Meine Tochter nimmt zur Zeit Vitamin B12 und Folsäure oral ein, wie vom Krankenhaus verordnet - allerdings bis jetzt ohne jegliche Änderung. Bisher hatte sie wieder 2 mal die Tremoranfälle und 1 mal die Spastik in der Hand.

LG Monika

Sandy
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Beitrag von Sandy » 11. Mär 2014, 02:03

Hallo Monika,

bei niedrigem B-12 und niedriger Folsäure kann das Homocystein hoch sein.
Aber es soll auch Gendefekte geben, die zu hohem Homocystein führen.

Man müsste vielleicht prüfen, ob sie das orale B12 aufnimmt, d. h. kein Intrinsic-Faktor-Mangel vorliegt. Dann müßte es nämlich gespritzt werden.

Evtl. wäre auch der Gentest für Homocystein sinnvoll. Ist er positiv, muss man meines Wissens vermehrt B12 und Folsäure einnehmen. Aber dazu gibt es Literatur. Ganz genau bin ich da nicht auf dem Laufenden.


LG
Sandy

Monika B.
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Beitrag von Monika B. » 1. Apr 2014, 20:42

Hallo,

mittlerweile war ich mit meiner Tochter zu einer Folgeuntersuchung in der Klinik in der sie stationär war. Dort wurde ein weiteres Mal Blut abgenommen. Mittlerweile habe ich bis auf das Homocystein die Werte vorliegen. Das Vitamin B12 ist im unteren Normbereich, Folsäure sogar etwas erhöht. Allerdings ist das Holotranscobalamin (dies ist das Transporteiweiß das für die Aufnahme von Vit. B12 in die Zellen notwendig ist) deutlich verringert. Da der Vit. B12 Wert deutlich gestiegen ist, scheidet ein Fehlen des Intrinsic Faktor aus da sie es oral eingenommen hat, ernährungsbedingt kann der Mangel auch nicht sein. Scheinbar hat Saskia ein Problem in der Proteinsynthese, welcher Art auch immer. Da müssen wir noch abwarten, was die weitere Diagnostik ergibt. Daher ist der Verdacht auf einen M. Wilson mittlerweile doch ehr auszuschließen als zu erhärten. Allerdings werden wir diese Möglichkeit erst völlig ausschließen, wenn etwas anderes einwandfrei diagnostiziert ist. Mal sehen, was weiter daraus wird.

Andra7
Beiträge: 1
Registriert: 4. Jul 2016, 20:12

Re: Fehldiagnose in der Klinik?????

Beitrag von Andra7 » 7. Jul 2016, 09:13

Hallo Monika,

Ich hoffe du liest noch in diesem Forum,da deine Berichte ja von 2014 sind.
Ich bin neu hier und habe deine Schilderungen mit Interesse gelesen,da meine Tochter,gerade 16 geworden,
fast die gleichen Symptome wie deine Tochter hat und gerade auch zu Testungen im Klinikum ist.
Auch uns wurde angeraten doch schon parallel dazu die stationsinterne Psychologin zu Rate zu ziehen.
Mich würde sehr interessieren,wie ihr weiter vorgegangen seid und ob ihr zu einem Ergebnis gekommen seid.

LG

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