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Morbus Wilson ausgeschlossen? Laborwerte
Verfasst: 2. Mär 2013, 11:17
von Jule
Hallo,
mein Vater hat einen sehr untypischen Parkinson, der mit Anfang 40 begann.
Ich bin 28 und habe seit einiger Zeit zunehmend neurologische Beschwerden (Sprach, - und Sprechstörungen, Probleme beim Schreiben, Konzentrationsschwäche) und hab deshalb mal auf MW testen lassen.
Bin zur Blutabnahme direkt ins Labor gegangen. Das Coeruloplasmin wurde in diesem Labor bestimmt, das Kupfer in einem Fremdlabor.
Hier meine Werte:
Coeruloplasmin 0,24 g/l (0,2 - 0,6)
Cu-Bindungskapaz. (rechn.) 12,8 µmol/l
Kupfer im Serum 14,4 µmol/l (10,7 - 31,5)
Kupfer im Serum frei (rechn.) 1,6 µmol/l (< 10)
Meine Leberwerte waren bisher alle okay. Meine Leukozyten waren bei den letzten Blutbildern immer etwas erniedrigt.
Kann man anhand der Werte einen MW ausschließen?
lG Julia
Verfasst: 3. Mär 2013, 11:21
von Sandy
Hallo Jule,
ich würde anhand Deiner Werte, Deiner Beschwerden (sie sind sehr wilsontypisch) und dem untypischen Parkinson Deines Vaters einen MW mit diesen Werten nicht für ausgeschlossen halten.
Zunächst sollte man wissen, ob Du zum Zeitpunkt der Blutentnahme einen Infekt hattest. Erniedrigte Leukozyten könnten auf einen Virusinfekt hinweisen.
Bei Infekten steigen nämlich Kupfer und Coeruloplasmin an.
Zum zweiten wäre wichtig zu wissen, ob Du die Pille einnimmst. Diese erhöht Kupfer und Coeruloplasmin sehr stark und verfälscht dann auch die Werte.
Zum dritten wäre noch wichtig, ob Du zum Zeitpunkt der Blutentnahme oder in den Wochen davor Zink eingenommen hast.
Zink senkt das Kupfer.
Beim neurologischen MW ist die Leber oft nicht so stark betroffen, so dass die Leberwerte oft normal sind.
Das freie Kupfer habe ich mit 19 µg/dl ausgerechnet. Ich rechne immer in µg/dl um, weil ich das freie Kupfer (NW< 10µg/dl) so am besten einschätzen kann.
Man muss wissen, dass die Werte schwanken können und dass es bei der Beurteilung der Werte darauf ankommt, in welchem Stadium sich ein Patient befindet.
Sinnvoll wäre auch ein Urinkupferwert, allerdings sollte der ohne die oben erwähnten Beeinflussungen erfolgen.
Was Dein Vater angeht:
Mit Anfang 40 einen Parkinson zu bekommen, ist ungewöhnlich.
Da beim Morbus Wilson die häufigste Fehldiagnose ein Parkinson sein soll, würde ich fragen, ob Dein Vater nicht eher einen M. Wilson hat.
Wurde der MW bei ihm denn ausgeschlossen?
Gruß
Sandy
Verfasst: 10. Mär 2013, 13:56
von Jule
Hallo Sandy,
vielen Dank für deine Antwort!
Ich hatte zum Zeitpunkt der Blutabnahme keinen Infekt. Ich nehme auch keine Pille und Zink habe ich auch nicht eingenommen (seit ca. 9 Monaten nicht mehr). Also sollten die Werte schon relativ aussagekräftig sein.
Habe heute mit meiner Mutter telefoniert und sie sagte, meinem Vater gehts sehr schlecht und sie ist mittlerweile auch der Meinung, dass er keinen Parkinson hat. Er ist total verwirrt und nur am Rumwuseln und Rumkramen. Jetzt wollen sie ihn sogar schon mit Medis ruhig stellen.
Auf MW wurde er nie untersucht.
Ich habe letzte Woche 24h-Sammelurin bei meinem Endokrinologen abgegeben. Das Ergebnis bekomme ich nächste Woche.
Wenn dieser Wert auch grenzwertig ausfällt, dann gebe ich noch mal Urin in verschiedenen Labors ab.
Kann mir jemand sagen, was die Kupferbestimmung im Urin ca. kostet? Für Kupfer im Serum hab ich 23€ gezahlt.
Da fällt mir noch ein...
Vor einiger Zeit habe ich eine Haarmineralanalyse machen lassen. Dabei kam ein erhöhter Kupferwert raus. Alle anderen Werte lagen in der Norm oder darunter.
Außerdem hatte ich 2010 einen DMPS-Test wegen Verdacht auf Hg-Belastung machen lassen. Da wurde auch der Kupfergehalt im Urin nach DMPS-Gabe bestimmt und der lag doch sehr hoch.
Könnten die Haarmineralanalyse und der DMPS-Test einen Hinweis auf MW geben oder haben diese Tests keine Aussagekraft?
lG Julia
Verfasst: 10. Mär 2013, 15:57
von Gabriele
Hallo Julia,
bei Parkinson steht in den Leitlinien, dass es u.a. ein Diagnostik-Kriterium ist, dass die Parkinson-Medikamente helfen.
Meinem Schwiegervater wurde in einer Parkinson-Fachklinik, wo er diese Diagnose dann erhielt, quasi in den Mund gelegt, dass es ihm mit dem Parkinson-Medikament besser geht.
In Wahrheit ging es ab dem Aufenthalt in der Fachklinik rapide bergab. Insbesondere war er total verwirrt und konnte nicht mehr als 2-Wort-Sätze sprechen.
Er hat inzwischen zweifellos eine Demenz, kann aber seit dem Absetzen der Parkinson-Medikamente wieder erheblich besser sprechen.
(Die Parkinson-Medikamente sind nun schon mehrere Jahre abgesetzt.)
Haarmineralanalysen sind bislang nicht für die Diagnostik von Morbus Wilson anerkannt. Aber: Bei mir waren auch alle Werte außer dem Kupfer normal. Nur der Kupferwert war 8-fach über dem Normwert und bei der Leberbiopsie lag der Kupferwert ebenfalls 8-fach über dem Normwert!
Insofern kann das m.E. sehr wohl ein "Hinweis" auf MW sein, der Anlass sein sollte für eine reguläre Diagnostik.
Viele Grüße
Gabriele
Verfasst: 10. Mär 2013, 21:16
von Jule
Hallo,
@Gabriele
Oh man, dein Kupfer war in der HMA erhöht und du hast tatsächlich MW. Ich denke schon, dass eine HMA viel aussagen kann.
Ich muss da unbedingt dran bleiben. Aber mit normalen Blut- und Urinwerten bekomm ich nicht mal eine Überweisung für die MW-Ambulanz.
Ich hab mir gerade mal bei google Bilder vom Kayser-Fleischer-Kornealring angeschaut und festgestellt, dass meine Augen diesem hier total ähneln:
http://static.wikidoc.org/0/0d/KFR3.jpg
Ich habe auch so eine Umrandung im Außenbereich meiner Hornhaut. Hab das aber immer für normal gehalten. Vielleicht ist es das auch, aber es sieht echt so aus wie auf dem Foto.
Das Problem ist, dass man hier auf Augenarzttermine ca. 6 Monate warten muss. Und dann weiß ich nicht, ob ich an einen Augenarzt gerate, der den Kayer-Fleischer-Kornealring auch kennt.
Kennt vielleicht jemand einen Augenarzt in Dresden, dem MW etwas sagt?
lG Julia
Verfasst: 15. Mär 2013, 18:11
von Gabriele
Hallo Jule,
egal wo du hingehst würde ich dir empfehlen, den Ausdruck mit dem dir verdächtig aussehenden Bild zum Augenarzt mitzunehmen. Es gibt überhaupt nur wenige Augenärzte, die schon mal einen Kayser-Fleischer-Ring "live" am Patienten gesehen haben. MW ist selten und längst nicht alle Patienten haben den KFR...
Ich bin sogar in der Augenklinik einer der größten MW-Ambulanzen an eine Ärztin geraten, die davon keine Ahnung hatte. Sie hat in meinem Beisein erst mal im Internet recherchiert, wie so was ausschaut - und sich dabei so stümperhaft angestellt, dass sie praktisch keine brauchbaren Ergebnisse erhielt, während ich zu Hause recht viele Treffer hatte.
Sie kam dann zum Ergebnis, ich hätte keinen KFR, sondern "Drusen", was auch Ablagerungen sind, von denen sie ein Plakat an der Tür hängen hatten. Wie so oft: Man findet immer nur, wonach man sucht und was man kennt....
Insofern solltest du dich mit ungeklärten neurologischen Beschwerden auf jeden Fall bei einem Augenarzt anmelden (evtl. geht es im Nachbarort etwas schneller) und wenn es einer ist, dem das zu schwierig ist, schickt er dich vielleicht wenigstens in die Augenklinik, wenn schon nicht in die MW-Ambulanz...
Wie waren denn deine Urinwerte? Bei den Urinuntersuchungen werden oft Fehler gemacht. Gerade bei der Erstdiagnostik könnte es in unklaren Fällen daher hilfreich sein, Proben aus dem selben Urin an mehrere Labore zu schicken (und zwar welche, die Erfahrung damit haben und das nicht nur ab und zu machen).
Was Sandy mit Infekten meinte, die das Coeruloplasmin und Kupfer im Blut falsch erhöhen können: Es kann sich auch um Entzündungen im Körper handeln, von denen du gar nichts merkst.
Wichtig wäre daher, gleichzeitig mit dem Coeruloplasmin auch den CRP-Wert mit zu messen, der solche (manchmal versteckten) Entzündungen anzeigt.
Schon ein geringer, medizinisch eher unbedeutender, Anstieg des CRP-Wertes kann erstaunliche Auswirkungen auf Coeruloplasmin und Kupfer haben. Ein paar Beispiele anhand meiner Laborwerte (als Normalwert gilt alles unter 5,0 mg/l):
CRP 0,5 mg/l - Coeruloplasmin 18,2 mg/dl - Kupfer 64 µg/dl
CRP 6,1 - Coeruloplasmin 23,9 - Kupfer 91
CRP 7,6 - Coeruloplasmin 21 - Kupfer 99
CRP 10,2 - Coeruloplasmin 25,3 - Kupfer 103
Leider scheinen selbst erfahrene Wilson-Ärzte diesem Punkt keine allzu große Bedeutung zuzumessen.
Insofern sollte man bei der Erstdiagnostik auf jeden Fall hartnäckig sein. Denn endgültig fälschlich bei MW ausgemustert zu werden, kann wirklich riskant werden.
Alles Gute wünscht dir
Gabriele
Verfasst: 19. Mär 2013, 08:59
von Jule
Hallo,
mein Urinkupfer lag bei 9,9 ug/24h (Norm <50). Also eher zu niedrig.
Da ich noch andere Beschwerden habe, vorallem mit der Haut, hab ich mich jetzt beim Heilpraktiker angemeldet, was richtig teuer wird. Leider kann ich mir nochmalige Untersuchungen auf MW momentan nicht leisten. Werde es aber im Auge behalten.
Was zahlt ihr denn für Laboruntersuchungen? Coeruloplasmin kostet hier 11€ und Kupfer (Serum und Urin) 24€. Sind das die normalen Preise? Finde 24€ für Kupfer ziemlich viel, wenn man den Urin auch noch in verschiedene Labore gibt.
lG Julia
Verfasst: 21. Mär 2013, 13:43
von Gabriele
Hallo Julia,
die Diagnostik auf MW inkl. Kupfer und Coeruloplasmin ist eine Kassenleistung. Wenn du die Tests nicht direkt beim Labor machen lässt, sondern von deinem Hausarzt veranlassen lässt, dürfte es mit der Kostenübernahme keine Probleme geben.
Falls dein Hausarzt hier keine Notwendigkeit sieht, er aber auch keine andere Idee hat, worauf deine Beschwerden zurückzuführen sein könnten, bleibt nur die Suche nach einem anderen Hausarzt.
Vielleicht nutzt du einfach seinen nächsten Urlaub, um es mal woanders zu probieren. Habe meinen Hausarzt nun seit einigen Jahren im Nachbarort, nachdem ich zuvor lange nach einem engagierten Arzt gesucht hatte.
Unabhängig davon wäre eine fundierte neurologische Untersuchung sinnvoll.
Suche dir eine Ambulanz wo auch eine transkranielle Sonografie durchgeführt wird. Mit diesem Verfahren kann man recht gute Aussagen im Hinblick auf Parkinson machen bzw. diesen von anderen neurologischen Krankheiten abgrenzen.
Wenn du eine Überweisung hast, übernimmt das auch die Krankenkasse.
Viele Grüße
Gabriele