Hallo zusammen,
meine Frage wirkt zunächst vielleicht etwas provokativ:
Man liest und hört immer, dass es beim M. Wilson eine hepatische und eine neurologische Form geben soll.
Wenn man sich aber mit den Stadien von Lebererkrankungen und speziell mit denen der sog. "Hepatischen Enzephalopathie" beschäftigt, dann fällt auf, dass viele der neurologischen Symptome des M. Wilson auch bei der hepatischen Enzephalopathie als Symptom genannt sind. Die hepatische Enzephalopathie tritt aber bei jeder Leberkrankheit auf, zuerst minimal und kaum merkbar, dann immer stärker werdend.
In dieser Studie der Universitätsklinik Heidelberg sind die Symptome der hepatischen Enzephalopathie genannt und zwar eingeteilt nach Stadien:
http://www.aerzteblatt.de/callback/image.asp?id=47830
Symptome von Stadium I sind:
leichtgradige mentale
Verlangsamung
Eu-/Dysphorie, Reizbarkeit
und Angst,
reduzierte Aufmerksamkeit
gestörte Feinmotorik
(beeinträchtigtes
Schreibvermögen,
Fingertremor)
Symptome von Stadium II sind:
verstärkte Müdigkeit,
Apathie oder
Lethargie
leichte Persönlichkeitsstörung,
minimale
Desorientiertheit
bzgl. Ort und Zeit
Flapping-Tremor,
Ataxie, verwaschene
Sprache
Symptome von Stadium III sind:
Somnolenz
Aggressivität, ausgeprägte
Desorientiertheit
bzgl. Ort und Zeit
Rigor, Krämpfe,
Asterixis
Symptome von Stadium IV sind:
Koma
Hirndruckzeichen
Den vollständigen Artikel zur “minimalen hepatischen Enzephalopathie” findet man unter
http://data.aerzteblatt.org/pdf/109/10/m180.pdf
Ich finde unter den Symptomen der hepatischen Enzephalopathie doch auffallend viele, die man auch beim M. Wilson als wilsontypische Symptome nennt wie Beeinträchtigung des Schreibvermögens, Flapping-Tremor, Ataxie, verwaschene Sprache, Reizbarkeit.
Klar ist, dass man beim M. Wilson auch eine hepatische Enzephalopathie bekommt, wenn die Krankheit zu spät entdeckt wird oder unzureichend behandelt wird.
Ich frage mich, ob beim M. Wilson nicht die Symptome der hep. Enzephalopathie zu Unrecht als mw-typische und neurologische Symptome angesehen werden?
Ich vermute, dass eine Abgrenzung solcher Symptome beim M. Wilson oft nicht richtig durchgeführt wird bzw. werden kann, wenn es zugleich Symptome sind, die bei einer hepatischen Enzephalopathie gleichermaßen bestehen.
Wenn also Symptome wie Ataxie und Tremor durch die hepatische Enzephalopathie entstehen, sind es rein hepatische Symptome.
Nun könnte man sagen, es ist doch egal, ob diese Symptome als hepatische oder als neurologische Symptome gelten.
Es hat aber doch Auswirkungen:
1. Da beim rein hepatischen M. Wilson nur in rd. 60 % der Fälle ein Kayser-Fleischer-Ring auftritt und beim neurologischen M. Wilson dieser in über 90 % der Fälle vorkommt, spielt die Abgrenzung solcher Symptome schon eine gewisse Rolle bei der Diagnostik.
Wenn man Tremor und Ataxie hat, wurde bei der Diagnostik des M. Wilson stets gefordert, dass dann auch der Kayser-Fleischer-Ring vorhanden sein sollte.
Sind diese Symptome aber eher hepatischer Natur dann spricht das Nichtvorliegen des Kayser-Fleischer-Rings nicht gegen den MW.
2. Wenn die hepatische Enzephalopathie die Hauptursache für diese Beschwerden ist, zeigt das Vorliegen solcher Beschwerden wie weit fortgeschritten diese hepatische Enzephalopathie ist. D. h. es ist dann sicher auch sinnvoll, eine Therapie gegen die hepatische Enzephalopathie zusätzlich zur Therapie des M. Wilsons vorzunehmen.
Als Therapien werden in der Literatur genannt:
Laktulose, Ornithin (z. B. Hepa Merz Granulat), die Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin (z. B. Falkamin Pellets), Rifaximin
Viel tierisches Eiweiß verstärkt die Symptomatik, pflanzliches gilt als besser verträglich. Man sollte jedoch klären, wie viel Eiweiß man essen soll bzw. muss, denn ohne Eiweißzufuhr kann ein Mensch auch nicht existieren.
LG
Sandy
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Der Vorstand des Morbus Wilson e.V.
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Gibt es einen nur neurologischen M. Wilson überhaupt?
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- Beiträge: 32
- Registriert: 17. Mai 2013, 09:54
- Wohnort: Nähe Heidelberg
Liebe Sandy,
das ist eine interessante Frage, die ich auch nicht beantworten kann. Allerdings habe ich mal bei einem Vortrag gehört, dass es für den Morbus Wilson typische Gehirnveränderungen im MRT geben soll, die 'Panda face' genannt werden. Wenn sie wirklich nur für den Morbus Wilson und nicht auch für andere Lebererkrankungen typisch sind, dann ist das eventuell ein Zeichen dafür, dass es auch MW-typische neurologische Symptome gibt, oder?
Liebe Grüße
das ist eine interessante Frage, die ich auch nicht beantworten kann. Allerdings habe ich mal bei einem Vortrag gehört, dass es für den Morbus Wilson typische Gehirnveränderungen im MRT geben soll, die 'Panda face' genannt werden. Wenn sie wirklich nur für den Morbus Wilson und nicht auch für andere Lebererkrankungen typisch sind, dann ist das eventuell ein Zeichen dafür, dass es auch MW-typische neurologische Symptome gibt, oder?
Liebe Grüße
Hallo Sarracenia,
sicher, wenn es im MRT des Gehirns typische Veränderungen beim M. Wilson gibt, die es nicht gibt bei fortgeschrittenen Leberkrankheiten, so würde ich diese auch als wilsontypisch ansehen.
Aber ob immer das MRT des Gehirns auch verglichen wird mit der Symptomatik?
Ich denke, es ist ungeheuer schwer abzugrenzen.
Da die meisten Patienten bei der Diagnose bereits eine Zirrhose haben sollen, ist es auch sehr wahrscheinlich, dass sie Anzeichen der hepatischen Enzephalopathie haben. Dann ist die Abgrenzung der einzelnen Symptome besonders schwer.
Wenn jemand beim M. Wilson zittert oder wenn er eine Ataxie hat, wird man beim M. Wilson immer geneigt sein zu sagen, dass das neurologische Symptome sind. Aber wenn man dann die Symptome der hepatischen Enzephalopathie genauer durchliest, passen diese Symptome auch dazu.
Möglicherweise kommt es beim M. Wilson auch von beidem und vielleicht ist deshalb das Zittern beim M. Wilson bei manchen so stark.
LG
Sandy
sicher, wenn es im MRT des Gehirns typische Veränderungen beim M. Wilson gibt, die es nicht gibt bei fortgeschrittenen Leberkrankheiten, so würde ich diese auch als wilsontypisch ansehen.
Aber ob immer das MRT des Gehirns auch verglichen wird mit der Symptomatik?
Ich denke, es ist ungeheuer schwer abzugrenzen.
Da die meisten Patienten bei der Diagnose bereits eine Zirrhose haben sollen, ist es auch sehr wahrscheinlich, dass sie Anzeichen der hepatischen Enzephalopathie haben. Dann ist die Abgrenzung der einzelnen Symptome besonders schwer.
Wenn jemand beim M. Wilson zittert oder wenn er eine Ataxie hat, wird man beim M. Wilson immer geneigt sein zu sagen, dass das neurologische Symptome sind. Aber wenn man dann die Symptome der hepatischen Enzephalopathie genauer durchliest, passen diese Symptome auch dazu.
Möglicherweise kommt es beim M. Wilson auch von beidem und vielleicht ist deshalb das Zittern beim M. Wilson bei manchen so stark.
LG
Sandy
Hallo Sandy,
vielen Dank, dass Du auf diese "hepatische Enzephalopathie" aufmerksam machst. Ich habe eindeutig einen 'hepatischen Wilson' und glaube manchmal wieder (wie kurz vor der Diagnose) leichte neurologische Symptome zu bekommen, die viel besser zu hep. Enzephalopathie passen als zu den sonst beschriebenen neurologischen Wilson-Symptomen. Ich hatte einige der in Stadium I beschriebenen Symptome sehr deutlich, allerdings NIE, auch nur ansatzweise, Tremor - was für Wilson ja viel typischer sein soll als der Rest.
Allerdings bin ich sicher, dass es einen neurologischen Wilson gibt. V.a. deshalb, weil sich neurologische Symptome manchmal gar nicht oder nur schwer zurückbilden. Wäre die Leber die Ursache, wäre das nicht der Fall. Grund dafür ist, so weit ich das verstanden habe, dass Giftstoffe leichter ins Gehirn gelangen als wieder raus (also die Entkupferung schwieriger ist als bei anderen Geweben).
vielen Dank, dass Du auf diese "hepatische Enzephalopathie" aufmerksam machst. Ich habe eindeutig einen 'hepatischen Wilson' und glaube manchmal wieder (wie kurz vor der Diagnose) leichte neurologische Symptome zu bekommen, die viel besser zu hep. Enzephalopathie passen als zu den sonst beschriebenen neurologischen Wilson-Symptomen. Ich hatte einige der in Stadium I beschriebenen Symptome sehr deutlich, allerdings NIE, auch nur ansatzweise, Tremor - was für Wilson ja viel typischer sein soll als der Rest.
Allerdings bin ich sicher, dass es einen neurologischen Wilson gibt. V.a. deshalb, weil sich neurologische Symptome manchmal gar nicht oder nur schwer zurückbilden. Wäre die Leber die Ursache, wäre das nicht der Fall. Grund dafür ist, so weit ich das verstanden habe, dass Giftstoffe leichter ins Gehirn gelangen als wieder raus (also die Entkupferung schwieriger ist als bei anderen Geweben).
Hallo Ulli,
da die hepatische Enzephalopathie schleichend beginnt und es den Begriff "minimale hepatische Enzephalopathie" (MHE) gibt, denke ich, dass man bei jeder Leberkrankheit Zeichen dieser Enzephalopathie findet.
In Grafik 2 der o.g. Fundstelle
http://www.data.aerzteblatt.org/pdf/109/10/m180.pdf
zur MHE sind u. a. Patienten, die aufgrund von Stoffwechselstörungen eine Zirrhose haben, als Beispielsfälle genannt.
Mir gibt auch folgende Aussage in dieser Fundstelle zu denken:
Auch beim MW sind die typischsten Veränderungen in den Basalganglien.
Bei der MHE vermutet man Manganablagerungen (!), beim MW vermutet man, dass die Veränderungen Kupferablagerungen seien.
Beides kann man aber nicht beweisen, es sei denn, man obduziert Patienten nach dem Tode.
Was mich aber irritiert ist, dass in beiden Fällen die Basalganglien im MRT auffällig sind.
D. h. wenn jemand mit MW Veränderungen in den Basalganglien hat, wird (fast) jeder NW-Neurologe sagen: Ganz typisch für MW!
Vielleicht sind aber die Veränderungen nur durch die hepatische Enzephalopathie bedingt?
D. h. es könnte falsch sein, wenn in einem unklaren MW-Fall Veränderungen in den Basalganglien so interpretiert werden, dass solche Veränderungen mw-typisch sind und man diese Veränderungen dann als weiteres Diagnosekritierium für den bisher unklaren MW heranzieht und glaubt die Diagnose MW erhärtet sich damit.
Ich meine, dass es daher in Grenzfällen wichtig sein kann, wenn man den Leberkranken gründlichst auf die hepatische Enzepahlopathie untersucht um ggf. zu differenzieren, ob seine Symptome allein dadurch erklärbar sind oder ob sie ggf. für einen MW sprechen, falls der Patient auch weitere mw-typische Befunde hat.
Einen neurologischen Wilson wird es wohl schon geben, denn im Gegensatz zu anderen Leberkrankheiten haben MW-Patienten doch auffällig oft neurologische Veränderungen. Aber der neurologische MW ist sicher nicht immer leicht abzugrenzen von der MHE, wenn die Symptome milder sind.
LG
Sandy
da die hepatische Enzephalopathie schleichend beginnt und es den Begriff "minimale hepatische Enzephalopathie" (MHE) gibt, denke ich, dass man bei jeder Leberkrankheit Zeichen dieser Enzephalopathie findet.
In Grafik 2 der o.g. Fundstelle
http://www.data.aerzteblatt.org/pdf/109/10/m180.pdf
zur MHE sind u. a. Patienten, die aufgrund von Stoffwechselstörungen eine Zirrhose haben, als Beispielsfälle genannt.
Mir gibt auch folgende Aussage in dieser Fundstelle zu denken:
Man hat also bei einer hepatischen Enzephalopathie in den Basalganglien Veränderungen.Bildgebende Verfahren
Verschiedene Magnetresonanzverfahren zeigen pathologische
Veränderungen bei Patienten mit MHE. Im
T1-gewichteten MRT findet sich ein hyperintenses Signal
in den Basalganglien (Globus pallidum und Substantia
nigra), welches auf Manganablagerungen zurückgeführt
wird (e20).
Auch beim MW sind die typischsten Veränderungen in den Basalganglien.
Bei der MHE vermutet man Manganablagerungen (!), beim MW vermutet man, dass die Veränderungen Kupferablagerungen seien.
Beides kann man aber nicht beweisen, es sei denn, man obduziert Patienten nach dem Tode.
Was mich aber irritiert ist, dass in beiden Fällen die Basalganglien im MRT auffällig sind.
D. h. wenn jemand mit MW Veränderungen in den Basalganglien hat, wird (fast) jeder NW-Neurologe sagen: Ganz typisch für MW!
Vielleicht sind aber die Veränderungen nur durch die hepatische Enzephalopathie bedingt?
D. h. es könnte falsch sein, wenn in einem unklaren MW-Fall Veränderungen in den Basalganglien so interpretiert werden, dass solche Veränderungen mw-typisch sind und man diese Veränderungen dann als weiteres Diagnosekritierium für den bisher unklaren MW heranzieht und glaubt die Diagnose MW erhärtet sich damit.
Ich meine, dass es daher in Grenzfällen wichtig sein kann, wenn man den Leberkranken gründlichst auf die hepatische Enzepahlopathie untersucht um ggf. zu differenzieren, ob seine Symptome allein dadurch erklärbar sind oder ob sie ggf. für einen MW sprechen, falls der Patient auch weitere mw-typische Befunde hat.
Einen neurologischen Wilson wird es wohl schon geben, denn im Gegensatz zu anderen Leberkrankheiten haben MW-Patienten doch auffällig oft neurologische Veränderungen. Aber der neurologische MW ist sicher nicht immer leicht abzugrenzen von der MHE, wenn die Symptome milder sind.
LG
Sandy
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